Heute den Umsatz von morgen sichern: Neue Geschäftsmodelle entwickeln
Digitalisierung, Dekarbonisierung und Dezentralisierung: Die „drei großen D“ sind die maßgeblichen Treiber der aktuellen Veränderungen in der Energiewirtschaft. Neben den externen Faktoren und den damit einhergehenden politischen Rahmenbedingungen ist auch der Wettbewerb am Energiemarkt rauer geworden.
Insbesondere die sinkenden Margen im Kerngeschäft erfordern ein Umdenken. Für die Marktakteure heißt das: Die eigenen Strukturen hinterfragen und Strategien kontinuierlich anpassen, um zeitnah auf Marktveränderungen reagieren zu können. Ein großer Fokus liegt dabei auch auf der Entwicklung und Ausgestaltung neuer Geschäftsmodelle. Wir als innogy Consulting unterstützen in diesem Rahmen bei sämtlichen Herausforderungen – etwa im Umgang mit neuen Geschäftsmodellen im Sinne der Optimierung bestehender End-2-End Prozesse oder dem Aufsetzen neuer Produktstrategien. Doch was ist genau zu beachten, wenn neue Geschäftsmodelle geboren und implementiert werden sollen und wie genau funktioniert das in der Praxis?
Ein neues Geschäftsmodell muss sich vor allem durch zwei Kerneigenschaften auszeichnen: Das Potenzial, in der Zukunft den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, und ein Kundenproblem zu lösen. Um das zu gewährleisten, müssen Geschäftsmodelle skalierbar sein. Doch insbesondere in einem historisch gewachsenen Energiekonzern schrecken hohe Anfangsinvestitionen zu Beginn die einzelnen Bereiche eher ab, wenn laut Finanzplan der Break-Even erst nach mehreren Jahren erreicht werden kann. Doch wie können wir gemeinsam mit unseren Kunden einschätzen, welche Leistungen in Zukunft gefragt sein werden und damit den Umsatz von morgen generieren? Einen wichtigen Anhaltspunkt liefern hier aktuelle Trends, welche die Entwicklung des entsprechenden Marktes beeinflussen. Eine Analyse der Trends kann erste Indikatoren aufzeigen, in welchem Umfeld Geschäftsmodelle sich bewegen werden. Ein ausschlaggebender Punkt ist jedoch zu verstehen, was den Kunden eigentlich beschäftigt und mit welchen Problemen er aktuell und zukünftig zu kämpfen hat. Dazu werden bspw. für unterschiedliche Zielgruppen sogenannte Personas erstellt. Sie stellen repräsentative Personen einer Zielgruppe mit ihren charakteristischen Eigenschaften in einem hohen Detailgrad dar, um das Nutzerverhalten greifbarer zu machen.
Digitalisierung, Dekarbonisierung und Dezentralisierung als Motor im Wandlungsprozess
Auch bietet etwa der Megatrend Digitalisierung Unternehmen viele Ansatzpunkte zur Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells: Vom Aufbau neuer Lösungen mit direkter Schnittstelle zum Endkunden, über Modelle zur Datenanalyse mit beschreibendem, vorhersagendem und vorschreibendem Charakter bis hin zur Minimierung manueller Prozesse durch die Anwendung konkreter Tools. Gleiches gilt für den Ausbau dezentraler Erzeugungsstrukturen. So lassen etwa nachhaltige Heizungsanlagen, Smart-Home-Produkte oder auch Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge im privaten und öffentlichen Bereich das Portfolio der Energieversorgungsunternehmen wachsen. Im Bereich erneuerbarer Energien ist der Ausbau alternativer und effizienter Energieerzeuger und -verbraucher insbesondere vor dem Hintergrund des Atomausstiegs und des sich anbahnenden Kohleausstiegs ein potentielles neues Betätigungsfeld. Auch ein Blick über den Tellerrand der Energiewirtschaft hinaus liefert Inspiration für neue Geschäftsmodelle. Denn vor dem Hintergrund der Industriekonvergenz können und müssen Unternehmen, die über Jahrzehnte hinweg mehr oder weniger autark gewirtschaftet haben, miteinander arbeiten und gemeinsam neue Lösungen schaffen. Das betrifft etwa den Bereich Elektromobilität und ganz besonders die digitalen Bereiche, in denen Hand in Hand bspw. mit Software Entwicklern zusammengearbeitet wird.
Neu denken – mit Methode
Die Auswahl potentieller neuer Betätigungsfelder ist für Energieversorgungsunternehmen und verwandte Marktteilnehmer damit vielfältig. Doch wie können Unternehmen die Felder herausfiltern, die tatsächlich attraktiv sind und konkrete neue Produkte entwickeln? Um genau diese Herausforderung zu lösen, bedienen wir uns bei innogy Consulting agiler Methoden wie etwa dem Design Thinking- oder SCRUM-Ansatz. Beide Methoden haben vor allem einen Vorteil: Durch kürzere, iterative Prozesse kann gezielter und flexibler auf die Wünsche der Endkunden eingegangen werden.
So ist das Ziel des Design Thinking, Innovationen hervorzubringen, die sich am Nutzer orientieren und dessen Bedürfnisse befriedigen. Das Besondere: Die Produktentwicklung erfolgt in einem iterativen Prozess in 6 Schritten – von Verstehen, Beobachten und Point-of-View über die Ideenentwicklung bis zum Prototyping und dessen Verfeinerung. Dabei greifen die interdisziplinären Teams in der Brainstroming-Phase auf feste Werte und Verhaltensgrundsätze zurück. Der SCRUM-Ansatz stammt ursprünglich aus der Softwareentwicklung, doch hat er mittlerweile auch Einzug in andere Bereiche gehalten. Die Besonderheit in diesem Vorgehen liegt besonders in dem Herausgreifen eines Arbeitspaketes pro Monat, das während dieser Zeit vom Projektteam – ohne Modifikationen oder Störungen von außen – umgesetzt wird. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, die Methoden des Produktentwicklungsprozesses theoretisch zu erlernen, praktisch umzusetzen und langfristig selbst anzuwenden.
Geschäftsmodell-Entwicklung in der Praxis – 3 Fragen an Robert Hanka
Soweit die Theorie. Aber wie funktioniert die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in der Praxis? Dazu habe ich mich mit meinem Kollegen Robert Hanka ausgetauscht, der sich in einem seiner Projekte genau damit beschäftigt hat.
Björn Selzer: Robert, in einem abgeschlossenen Projekt hast Du gemeinsam mit dem Kunden ein neues Geschäftsmodell entwickelt, welches über die klassische Tätigkeit eines Strominfrastrukturbetreibers hinaus geht. Was genau war Deine Aufgabenstellung? Robert Hanka: Wie du bereits richtig erläutert hast, befindet sich der Energiemarkt derzeit in einem starken Umbruch, welcher auch für unseren Konzern große Chancen bietet. Deshalb ist es besonders wichtig über den Tellerand hinauszublicken. Im Rahmen eines Strategieprojektes haben wir mögliche neue Zielmärkte und Geschäftsmodelle analysiert. Das Geschäftsfeld Glasfaser (FTTx) befand sich zu diesem Zeitpunkt gerade im Aufbau. In diesem haben wir dann gleich mehrere potentielle Geschäftsmodelle bewertet und ausgearbeitet.
Björn Selzer: Glasfaserausbau ist kein Geschäftsfeld, das man auf den ersten Blick bei einem Energieversorger erwartet. Dennoch habt ihr genau ein solches Geschäftsmodell weiterentwickelt. Wie seid ihr hier vorgegangen? Robert Hanka: Um in diesem konkreten Fall die Möglichkeiten des Glasfaserausbaus und -angebots zu durchleuchten, hat unser Team das Business-Model „Canvas“ angewandt. Das hat es uns ermöglicht, strukturiert unterschiedliche Aspekte eines Geschäftsmodells zu definieren – wie Wertversprechen, Kunden, Erlöse- und Kostenstrukturen. Dieses Format und die dadurch entstandene Vergleichbarkeit war jederzeit wertvoll in den Gesprächen mit unseren Fachexperten sowie bei der Entscheidungsfindung sowohl im internen Projektteam als auch beim Kunden.
Björn Selzer: Wie ist das Ergebnis des Projekts? Ist das neue Geschäftsmodell bereits an den Markt gegangen? Robert Hanka: Unsere Analyse hat ein vielversprechendes Marktpotential in dem neuen Geschäftsmodell für innogy aufgezeigt. Ein großer Erfolg für alle Beteiligten war, dass der Vorstand die entwickelte Strategie mitgegangen ist und für Investitionen in das Glasfasergeschäft ein erhöhtes Budget freigegeben hat. Dementsprechend sind wir im Glasfasergeschäft bereits aktiv – und das nicht nur im Infrastuktur-Bereich, sondern auch im Endkundenvertrieb. Zudem ist aus unserem initialen Ansatz ein Folgeprojekt entstanden, in dem die deutschlandweite Implementierung der Geschäftsmodelle erarbeitet wurde. Zurückblickend hat es mir gezeigt, dass der Markt heutzutage auch in anderen Industrien – neben dem Energiemarkt – große Möglichkeiten für unsere Kunden bietet. Diese gilt es jedoch frühzeitig anzugehen.
Ein Artikel von
Björn SelzerConsultant
Ihre berufliche Zukunft bei innogy Consulting Sie suchen eine neue Herausforderung mit einem Consulting Job in der Energiewirtschaft? Erfahren Sie mehr über die Perspektiven für Berufserfahrene bei innogy Consulting.
Aktuelle Stellenangebote Sie möchten wie Björn Selzer spannende Projekte selbst mitgestalten? Finden Sie in unseren Stellenangeboten Ihren passenden Einstieg.
Ähnliche Artikel
Aus Big Data wird Big Business
Sein oder Nichtsein – das Dilemma der britischen Energieversorger